Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.

Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.

Es war dieses Zitat, das gemeinhin und oftmals Berthold Brecht zugeschrieben wird, dass wir unter einer Autobrücke von Weil neben anderen Grafitti vorfanden und uns damit auch zu ein wenig Recherche verpflichtete.

Wieviel tieferer Sinn doch in diesem Ausspruch immer wieder steckt, jetzt gerade im Angesicht des verbrecherischen Krieges in der Ukraine. Womit keineswegs die anderen Konflikte und Kriege unbedacht bleiben sollen. Ob die Menschen irgendwann einmal so „schlau“ werden und nicht weiterhin auf Hetze, Machtmenschen und Despoten, egal ob politisch oder religös, hören werden?

weil ukraine 1jpgDieser wohl beliebteste Slogan der einstigen Friedensbewegung wurde durch einen Artikel der Autorin Charlotte Keyes ab 1966 in Amerika in der Version "Suppose They Gave a War and No One Came" berühmt, und kam Ende der 1970er Jahren auch in Deutschland auf, wo er bald irrtümlich Bertolt Brecht untergeschoben wurde. Der einflussreiche Sprachkritiker und Sprachstillehrer Wolf Schneider zum Beispiel illustrierte mit diesem amerikanischen Zitat die Größe von Bertolt Brechts Sprache, "in der gemeißelten Einfachheit, die er an Luther schulte":
"Der Dichter Bert Brecht aber hat für die deutsche Sprache und durch sie Großes geleistet: zum einen in der gemeißelten Einfachheit, die er an Luther schulte ('Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin'), zum anderen in der frechen, zynischen Kraft - von der 'Dreigroschenoper' [...] bis zu seinem 'Zweiten Psalm' ".

Urheber ist der amerikanische Lyriker Carl Sandburg

1981 wird diese pazifistische Devise durch die Grafik des Hamburger Designers Johannes Hartmann in ganz Deutschland populär, und obwohl Ralf Bülow 1983 im 'Sprachdienst', Siegfried Unseld 1991 in einem Leserbrief an die FAZ und schließlich Christoph Drösser 2002  in der ZEIT-Kolumne "Stimmt's?" und viele andere darauf hinwiesen, dass der Spruch auf den amerikanischen Lyriker Carl Sandburg zurückgeht und mit Bertolt Brecht nichts zu tun hat, wird der Slogan auch 2018 noch Bertolt Brecht unterschoben.

"Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin. Dann kommt der Krieg zu Euch!  

Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt, und läßt andere kämpfen für seine Sache, der muß sich vorsehen: Denn wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage. Nicht einmal Kampf vermeidet, wer den Kampf vermeiden will, denn er wird kämpfen für die Sache des Feindes, wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat."

Carl August Sandburg war ein US-amerikanischer Dichter, Romanautor, Journalist und Historiker, der durch seine Gedichte und seine Biographie von Abraham Lincoln, für die er den Pulitzer-Preis erhielt, bekannt wurde. Insbesondere im deutschsprachigen Raum wurde die Zeile aus seinem Gedicht The People, Yes „Sometime they’ll give a war and nobody will come“ (übersetzt mit: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“) bekannt.

Leben und Werk von Carl August Sandburg

weil ukraine 2Sandburg war der Sohn europäischer, schwedischstämmiger Eltern; sein Vater war Schmied und Eisenbahnarbeiter. Er wuchs in Illinois im Mittleren Westen auf. Sandburg verließ mit 13 Jahren die Schule und schlug sich in den verschiedensten Jobs durch, unter anderem war er auch Maler. Er war Freiwilliger im Spanisch-Amerikanischen Krieg und nahm an der Landung in Guánica in Puerto Rico am 25. Juli 1898 teil, war aber nicht in Kämpfe verwickelt. Nach einer kurzen Stippvisite (zwei Wochen – er scheiterte nach eigenen Worten an den Eingangstests in Grammatik und Rechnen) in West Point besuchte er das Lombard College in seinem Heimatort Galesburg, ging aber 1903 ohne Abschluss ab. In Milwaukee trat er der sozialdemokratischen Partei bei und wurde Sekretär des sozialdemokratischen Bürgermeisters Emil Seidel (damals der erste „sozialistische“ Bürgermeister in den Vereinigten Staaten). Bei den Sozialdemokraten lernte er auch Lilian Steichen (genannt Paula) kennen. Sie war eine Schwester des Fotografen Edward Steichen, dessen Biographie er 1929 schrieb. Carl Sandburg und Lilian Steichen heirateten 1908; der Ehe entstammen drei Töchter. Während des Ersten Weltkriegs war er Kriegskorrespondent (geschildert in „Cornhuskers“ 1918). Sandburg lebte von 1912 bis 1928 in Chicago und Umgebung, wo er Reporter der „Chicago Daily News“ (ab 1919) und des „Day Book“ war. Schon 1904 veröffentlichte er erste Gedichtbände (als Charles Sandburg, „In Reckless Ecstasy“). Berühmt wurde sein Gedichtband „Chicago“ von 1916, in dem er die Stadt wie folgt charakterisierte:

„Hog Butcher for the World
Tool Maker, Stacker of Wheat
Player with Railroads and the Nation's Freight Handler
Stormy, Husky, Brawling, and City of the Big Shoulders “

Sein einziger Roman „Remembrance Rock“ erschien 1948. Er schrieb auch autobiographische Werke („Always the young strangers “1953, „Ever the winds of change “1983).

Sandburg arbeitete fünf Mal an Drehbüchern für Film und Fernsehen mit. Sein erstes Drehbuch schrieb er 1941 für den Dokumentarfilm Bomber. Für den Katalog der Ausstellung The Family of Man, die sein Schwager Edward Steichen kuratierte, verfasste Carl Sandburg das Vorwort.

Am 8. August 1962 verlas Lee Strasberg eine von Sandburg geschriebene Trauerrede am Sarg von Marilyn Monroe.

1928 zog er nach Harbert in Michigan, wobei er in der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre wieder für die sozialistische Bewegung aktiv war. Ab 1945 lebte er in Flat Rock (North Carolina) auf seinem Anwesen „Connemara“, das heute vom National Park Service verwaltet wird. Während Sandburg dort in Ruhe schreiben konnte, übernahm seine Frau die Landwirtschaft.

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