Münch – Motorradmarke mit großer Fangemeinde
- Geschrieben von Portal Editor
Der kurze Rundgang während der Messe in München lies uns auf eine weitere Besonderheit treffen, denn wir stießen auf ein Neufahrzeug der Marke Münch mit Beiwagen.
Eine eingeschworene Clubszene „Münch“ sorgt noch immer für den Erhalt und die Pflege nicht nur der existierenden Maschinen sondern auch für den Fortbestand und Erhalt des Namens, den einst Friedel Münch prägte. Unter den Clubmitgliedern werden Kaufpreise der Größenordnungen um 30.000 bis 50.000 € erreicht. Es gilt unter Münch-Fahrern als unfein, eine Münch „einfach so“ zum Kauf anzubieten, ohne vorher einem Clubmitglied die Chance zum Erwerb geboten zu haben. Neuerdings kann man sich eine originale Münch-4 auch bauen lassen. Ein in Lüneburg ansässiges Unternehmen bietet seit einigen Jahren die Möglichkeit dazu. Die Teile dafür werden nach den Original-Konstruktionsunterlagen unter Verwendung der Original-Materialien hergestellt.
Friedel Münch – ein bedeutender Name in der Branche Motorradbau
Friedel Münch war vor seiner Selbstständigkeit Konstrukteur bei Horex,bevor er in Friedberg-Ossenheim mit Motorrädern handelte, Motoren reparierte und nebenbei auch im Rennsport tätig war. Ende der 1950er-Jahre nahm der Rennfahrer Jean Murit Kontakt zu Münch auf, der den Bau eines Motorrads mit einem zuverlässigen Motor und gut funktionierenden Bremsen plante. Münch wählte den luftgekühlten Vierzylinder-Pkw-Motor aus dem NSU Prinz 1000 mit 1000 cm³ Hubraum, schuf aus Komponenten von Horex die Kupplung und das Getriebe und fertigte die restlichen Teile des Motorrads nach eigenen Zeichnungen selbst an. Etliche Teile waren aus der Magnesiumlegierung Elektron gegossen: etwa das Hinterrad, die Schwinge, das Rahmenheck und die Vorderradbremse.
Das außergewöhnliche Konzept fand eine große Fangemeinde. Das Modell sollte den Namen Mammut erhalten. Doch dieser Name war markenrechtlich für die Maschinenfabrik Berner & Co geschützt und so hieß das Modell offiziell schlicht TT (unter Enthusiasten jedoch hielt sich der Name Mammut bis heute). Im Laufe der Jahre wurden Modelle mit 1000, 1200 und 1300 cm³ Hubraum hergestellt.
Münch engagierte sich auch mit Erfolg für den Rennsport. Infolge von Managementfehlern und wirtschaftlichen Schwierigkeiten (geringe Stückzahlen, hohe Herstellungskosten) stand das Unternehmen allerdings mehrmals vor dem Ruin. Eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Verleger und Münch-Enthusiasten Floyd Clymer begann 1966. Sie war jedoch nicht von langer Dauer, da der wirtschaftliche Erfolg ausblieb, Clymer in gesundheitliche und finanzielle Schwierigkeiten geriet und nicht mit der Technikermentalität von Friedel Münch zurechtkam.
Finanzielle Unterstützung durch Geschäftsleute und Freunde
Auf Clymer folgte 1970 der Amerikaner George Bell, ein Millionärssohn, der zusammen mit Münch eine neue Produktionsstätte in Altenstadt-Waldsiedlung baute. Jedoch trennte sich Bell bereits Ende 1971 wegen ausbleibenden wirtschaftlichen Erfolgs kurzfristig von der Münch KG, die daraufhin Konkurs anmelden musste.
Das Unternehmen wurde von dem Verpackungsmittelhersteller HASSIA Verpackungsmaschinen GmbH übernommen, der sich für die Motorräder von Münch interessierte. So wurde dann auch eine Neukonstruktion mit einem Dreizylinder-Zweitaktmotor auf dem Kölner Salon der Öffentlichkeit vorgestellt, die Münch 3. Diese Präsentation brachte aber nur mäßigen Erfolg, lediglich zwei Exemplare wurden gebaut. Trotzdem liefen die Geschäfte mit dem vorigen Vierzylinderkonzept gut, und in einigen Monaten wurden bis zu 30 Münch-4 produziert. Kunden mussten teilweise Monate auf die bestellte Maschine warten.
1973 kam die TTS-E auf den Markt, das erste Serienmotorrad mit einer mechanischen Kugelfischer-Benzineinspritzung, wie sie auch bei Peugeot, Lancia oder im BMW 2002 tii eingebaut war. Das Motorrad erreichte mit knapp 74 kW (100 PS) eine Höchstgeschwindigkeit von über 200 km/h (Testwert: 206,9 km/h) und beschleunigte in 4,2 sec auf 100 km/h. 1973 betrug der Preis der TTS-E ohne Zubehör 19.425 DM, was unter Berücksichtigung der Inflation aktuell 32.900 Euro entspricht. Durch die neuen japanischen Big Bikes erwuchs in den 1970er-Jahren eine starke und zudem preiswertere Konkurrenz, sodass die Absatzzahlen zurückgingen.
Um das Unternehmen zu retten, bot Luigi Colani 1972 seine Hilfe an und entwarf eine Super-Münch mit einer aerodynamischen Verkleidung und einem Lenker, der in Boulevard- und Rennposition gestellt werden konnte. Die Maschine ging angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage nicht in Serie. Ende 1973 zog sich Hassia zurück und Münch blieb wiederum nur die Möglichkeit, Konkurs anzumelden.
Die Konkursmasse einschließlich der Namensrechte kaufte 1974 der Großhandelsunternehmer und Münch-Fahrer Heinz W. Henke, bei dem Friedel Münch daraufhin als technischer Leiter arbeitete. Die Produktion wurde auf den Bau von individuellen Einzelstücken ausgerichtet. Neue Modelle wurden nicht entwickelt, aber die bestehenden Modelle überarbeitet und verbessert. 1977 trennte sich Münch von Henke und begann, unter der Marke „Horex“ Bausätze zu entwickeln, mit denen der Hubraum der Münch-Modelle auf 1400 bis 1800 cm³ gesteigert werden konnte. Henke baute noch bis Anfang 1980 weitere Münch-Motorräder, die jedoch mit der „Mammut“ nichts mehr zu tun hatten.
Bis in die 1990er-Jahre ließ sich Friedel Münch immer wieder überreden, aus Einzelteilen noch neue Münch-4 zusammenzubauen.
Heute nur noch in den Technikmuseen zu bestaunen
Die meisten Münch-Motorräder, die heute in Sammlungen und Museen, wie z. B. im Technik-Museum Speyer, zu sehen sind, stammen aus der Zeit nach 1971. Ab da begann die Fertigung der Münch 4 in „größeren“ Stückzahlen. Die frühen Modelle von Ende 1966 bis Ende 1970 sind sehr selten geworden, auch sind nicht mehr alle vorhanden.
Um Sammlern und Museen die Möglichkeit zu geben, diese frühen Münchs in ihren Sammlungen für die chronologische Darstellung zu zeigen, werden u. a. seit 2003 in Krautheim (Jagst) in Baden-Württemberg diese frühen Münch-Motorräder als historisch korrekte Replikate hergestellt. Die Nachforschungsarbeiten für diese exakten Replikate nahmen über zwei Jahre in Anspruch. Es konnten noch einige Zeitzeugen ausfindig gemacht werden, die mit historischem Bildmaterial die Details der Forschung untermauern konnten, auch Friedel Münch hat sehr viel Wissen und Informationen beigetragen. Durch den Bau dieser Replikate wurde es möglich, der Nachwelt diese wichtigen frühen Motorräder der Münch-Geschichte zu präsentieren. Münch begutachtete die Arbeiten des Herstellers der Replikate und akzeptierte sie.
1997 sollte auf Initiative des Würzburger Geschäftsmanns und neuen Münch-Markeninhabers Thomas Petsch ein komplett neues Modell als stärkstes Serienmotorrad der Welt in Kleinstserie von 250 Stück für wohlhabende Liebhaber entwickelt und gebaut werden: die Mammut 2000. Dafür wurde die Münch Motorrad Technik GmbH gegründet.
Infolge erheblicher Probleme bei der Konstruktion und Fertigung der Komponenten verzögerte sich die ursprünglich für das Jahr 2000 geplante Auslieferung bis 2002. Nach acht ausgelieferten Maschinen wurde das Projekt Mitte 2002 gestoppt. Gebaut wurden lediglich 15 Münch Mammut 2000 bei der Sachs Fahrzeug- und Motorentechnik GmbH in Nürnberg. Da die kalkulatorischen Herstellungskosten den Kaufpreis von 86.000 € weit überstiegen und eine kostendeckende Produktion nicht möglich war, wurde die Produktion eingestellt.
Elektromotorräder Münch TTE2: Start in Oschersleben 2012
In den Jahren 2008 bis 2012 entwickelte Petsch mit seinem Konstrukteurs-Team die elektrogetriebenen Straßenrennmotorräder Münch TTE-1, sowie das Nachfolgemodell TTE-2. Auf der TTE-2-Maschine errang seine Münch Racing GmbH mit den Fahrern Matthias Himmelmann und Katja Poensgen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 mehrere Weltmeistertitel in den Fahrer- und Konstrukteurswertungen der beiden internationalen Straßenrennmeisterschaften für elektrisch angetriebene Motorräder, des TTXGP The eGrandPrix und der FIM e-Power International Championship der Fédération Internationale de Motocyclisme.
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