Danziger Goldwasser und andere Auffälligkeiten

Danziger Goldwasser und andere Auffälligkeiten

Eine Familienfeier hatte uns erneut nach Gedingen geführt, klar das wir bei diesem Besuch in Polen endlich einmal noch zwei Tage anhängen konnten und so auch einen Ausflug in die alte Hansestadt Danzig und Sammelstadt für Bernstein schon zu römischer Zeit einplanen konnten.

So stand zunächst ein Rundgang durch die prächtige Hofgartenanlage an (ein Bericht wird folgen), danach sollte es auf Kaffee und Kuchen in die Altstadt gehen, dem ein erster Rundgang entlang der Bernsteinjuwelliergeschäfte (Ausgangspunkt der römischen Bernsteinstraße?) folgen sollte.

Apfeltart mit Vanilleeis - einfach köstlicher Genuss

danziger goldwasser 1Nicht, dass wir schon im zufällig angesteuerten Café etwas Außergewöhnliches auf dem Plan hatten, dann wurden wir jedoch vom bestellten Kuchen überrascht: ein Konstrukt aus Apfeltart mit Vanilleeis, dazwischen Ringe aus getrockneter Apfelsine und Limone, mit Mandeln und Erdbeeren, einer köstlichen Soße und das Ganze sehr ansprechend dekoriert: ein Traum und so etwas von köstlich!

Und wo wir schon beim Genuss waren, folgte wenig später ein Geschäft, dass in seinen Auslagen das Danziger Goldwasser ausstellte, einem Getränk, dass mir noch aus Lebzeiten meiner Oma gut bekannt ist, denn jeden Abend gab es einen Schluck. Das Danziger Goldwasser ist ein Gewürzlikör, der ursprünglich von der Likörfabrik „Der Lachs zu Danzig“ hergestellt wurde. Seine Geschichte lässt sich bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen, nicht dass meine Oma so alt war aber eben doch einige Jahre in Danzig verbracht hatte. Der klare und würzig-süße Likör, in dem kleine Blattgoldflocken schwimmen, hat einen Alkoholgehalt von 40 Volumenprozent und der Volksmund sagt ihm verschiedene, gesundheitsstärkende Wirkungen zu, ob nur Wahrheit oder reine Mythologie. Meiner Oma hat zu hohem Alter verholfen.

Zur Geschichte des Danziger Goldwassers

danziger goldwasser 2Der niederländische Einwanderer Ambrosius Vermöllen, ein religiöser Mennoniten des 16. Jahrhunderts auf der Flucht aus Lier, gründete 1598 die Fabrik im Danziger Haus „Der Lachs“, stellte Liköre unter gleichem Namen her und vertrieb diese zunächst lokal, dann sogar international. Aufgrund der technischen Weiterentwicklung der Destillation nahm im 17. Jahrhundert die Produktion von Alkoholika auf Basis von Kräutern und Gewürzen zu. Gelegentlich wurden diesen Alkoholika auch Gold- und Silberblättchen zugegeben – möglicherweise um (entsprechend den Ansichten der damals sehr verbreiteten alchemistischen Medizin) die Heilwirkung der Kräuterextrakte zu verstärken, vielleicht aber auch, um Reichtum zu demonstrieren. Gold als Arzneizutat findet sich in dem vom Mittelalter bis in die Neuzeit angebotenen aurum potabile (trinkbares Gold, Goldtinktur, Güldenwasser), welches aus in Essig, Pflanzenöl oder (alkoholisches) aqua vitae eingelegten, dünn gehämmerten Goldplättchen bestand und allgemein als Lebenselixier galt. Im Mittelalter gab es schon das Elixier aqua auri (Goldwasser) als ursprünglich goldfarbiges oder goldwertiges und später erst goldhaltiges Arzneimittel.

danziger goldwasser 3Eine weitere Theorie über die Entstehung von Goldwasser geht auf die Technik des Vergoldens zurück, für die vor allem spezialisierte Kunsthandwerker in Danzig berühmt gewesen sein sollen. Im Grundsatz erfolgt das Vergolden von Möbeln, Spiegel- oder Bilderrahmen durch das Auftragen hauchdünn ausgewalzter Goldfolien. Das geschieht mit Hilfe von verschieden breiten, den Flächen angepassten Pinseln unterschiedlicher Härte. Der Vergolder muss die extrem dünne Goldfolie aufnehmen und auf das Holz auftragen – dazu taucht er den Pinsel in Alkohol, streicht erst eine Stelle im Holz damit ein und taucht danach den Pinsel erneut in den Alkohol: So kann er durch die Adhäsion die Folie problemlos am Pinsel kleben lassen und auftragen. Auf dem Holz drückt der Vergolder die Folie fest.

Der Alkohol sorgt dafür, dass das Holz für die kurze verbleibende Arbeitszeit adhäsiv wirkt, diffundiert aber danach durch die restlichen Holzporen aus, lässt das Möbelstück oder den Rahmen also nicht unter dem Gold „schwitzen“. Der verwendete Alkohol wird nach einiger Zeit erneuert, weil er mit feinstem Holzstaub und Schmutz verunreinigt ist und damit eine glatte Goldoberfläche verhindern kann. Weil die Vergolder beim Wiedereintauchen der Pinsel immer wieder Stückchen Gold vom Pinsel im Alkohol zurückließen, entstand die glitzernde Flüssigkeit, die nur noch auf Trinkstärke verdünnt und mit Gewürzzugaben schmackhaft gemacht worden sein soll.

danziger goldwasser 4Solches „Güldenwasser“ mit echtem 22-karätigem Blattgold geriet zum noblen Gesellschaftsgetränk. Danziger Goldwasser wurde so zum Lieblingsliqueur Katharinas der Großen und der meiner Oma.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Haus „Der Lachs“ und die Spirituosenfabrik, in der das Goldwasser hergestellt wurde, zerstört.

Nach Kriegsende wurde die Herstellung des Goldwassers nach altem Rezept in der Berliner Niederlassung der Likörfabrik wiederaufgenommen, später gelangte das Rezept an die Hardenberg-Wilthen AG in Nörten-Hardenberg, die Danziger Goldwasser immer noch europaweit vertreibt.

danziger goldwasser 6Der Likör wurde durch die Firma Polmos in Starogard Gdański auch in Polen weiter hergestellt; später wurde die Produktion nach Posen verlegt. Dort wurde die Produktion des Likörs im Juni 2009 eingestellt, wobei die Rechte an der Marke jedoch erhalten blieben.

Auf die oben dargestellte Geschichte ist das Danziger Goldwasser zurückzuführen, das u. a. Destillate von Kardamom, Koriander, Zitronen- und Pomeranzenschalen, Wacholderbeeren, Kümmel, Lavendel, Zimt, Selleriefrüchten und Macis enthält, eine seltsam anmutende Zusammensetzung zwar aber dennoch geschmacklich interessant.

Entlang des Kanals mit seinen Bernsteingeschäften

danziger goldwasser 5Noch so vielen neuen Erkenntnissen zum Ursprung vom Omas Danziger Goldwasser waren dann die so unterschiedlich kreativen Ideen der Verwendung von Bernstein angesagt. Klar, dass die Verwendung von Bernstein als Schmuck in jeder erdenklichen Form und jedem möglichen Design hier in einer riesigen Bandbreite zum Kauf angeboten wird. Klar auch, dass bereits die alten Römer den Bernstein liebten und ihn in großen Mengen über die so genannte Bernsteinstraße bis nach Aquileia am Mittelmeer verbrachten, wo er dann im römischen Reich weiter verteilt wurde. So brachte der exportierte Bernstein auch römische Handelsware zurück bis nach Danzig. Handel, der neben Stress und Streit auch Menschen und Kulturen einander näher brachte, schon vor über 2.000 Jahren.

Wir finden interessante Gestaltung und Verwendung von Bernsteinen und an dieser Stelle sollen nur zwei Beispiele genannt werden, die uns besonders gefielen (natürlich aufgrund unserer Affinität zur Musik und zum Motorradfahren). Allein die Kreativität und der Ideenreichtum der Hersteller sind doch bewundernswert, oder?

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