Bernstein - Antike Bernsteinstraße entlang der Weichsel
- Geschrieben von Portal Editor
Unser erster Besuch in Warschau hatte uns auch an das Ufer der Weichsel gebracht, der Flusslauf, der über große Teile seiner Länge auch den Teilverlauf einer der wichtigsten Bernsteinstraßen vom römischen Reich über die Mährische Pforte und deren Mündung in die Ostsee begleitet.
Vor über 2000 Jahren bereits gab es die ersten schriftlichen Aufzeichnungen von römischen Autoren zur Beschreibung des Flusses Weichsel, die auch den Bernsteinhandelsplatz Turso beschrieben.
Bernstein und seine Bedeutung für den Handel
Allerdings war der baltische Bernstein bereits zur Bronzezeit ein wertvolles Tauschobjekt und Handelsgut, das weit bis in den Süden gelangte.
In mykenischer Zeit (etwa 1600 bis 1050 v. Chr.) wurde in Griechenland Schmuck aus importiertem Bernstein getragen, wie eine Reihe von Funden aus dieser Zeit zeigen. In der Eisenzeit gewann Bernstein durch die Wertschätzung der Phönizier, Griechen, Skythen, Ägypter, Balten und Slawen als „Tränen der Sonne“ beziehungsweise „Tränen der Götter“ wieder an Bedeutung.
Später hielt man ihn für „Harn des Luchses“, „versteinerten Honig“ oder „erstarrtes Erdöl“. Auch wurde er als „Gold des Nordens“ oder auch als „Tränen der Sonnentöchter“ bezeichnet. Er hatte große Bedeutung in den damaligen Sonnenkulten, da er aufgrund von Unebenheiten und Rissen von innen zu leuchten scheint.
Handelsplatz Aquileia im heutigen Italien
Die Handelswege des Bernsteins werden bis heute als Bernsteinstraßen bezeichnet, obgleich sie nicht allein dem Bernsteinhandel galten. Sie verlaufen bündelförmig nach Süden zum Mittelmeer:
Beispielsweise in das bedeutende Handelszentrum Aquileia: Plinius der Ältere berichtet, dass Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia gebracht worden sei. Die bereits in der Urgeschichte bedeutsame Bernsteinhandelsroute folgt in Niederösterreich der March, überquert bei Römerstadt Carnuntum östlich Wiens die Donau und führt ab hier als römische Bernsteinstraße über Ungarn, Slowenien nach Aquileia in Italien. Als wichtige Verkehrsroute wurde sie zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. unter Augustus und Tiberius ausgebaut und an das römische Straßennetz angebunden; so gibt es eine bedeutende Sammlung römischer Bernsteinobjekte im Archäologisches Museum, Aquileia.
Bernstein wird zum Edelstein in den Handelsmetropolen
Die Griechen schätzten den Bernstein als Edelstein, den sie als Tauschmittel für Luxusgüter aller Art nutzten, wie bei Homer erwähnt und beschrieben.
Die Römer nutzten ihn ebenfalls als Tauschmittel und für Gravuren.
In der griechisch-römischen Antike wurde erkannt, dass Bernstein sich elektrostatisch aufladen kann. Der griechische Philosoph Aristoteles deutete die Herkunft des Bernsteins als Pflanzensaft und erwähnte das Vorkommen von Zooinklusen. Pytheas von Massila hatte auf einer seiner Reisen um 334 v. Chr. die sogenannten Bernsteininseln erreicht (gemeint sind wohl die West-, Ost- und Nordfriesischen Inseln in der Nordsee).
Man nennt diese Inseln wohl deshalb auch die Elektriden. Die Römer Tacitus und Plinius der Ältere schrieben über den Bernstein sowie seine Herkunft und seinen Handel. Kaiser Nero soll Bernstein in großen Mengen zu Repräsentationszwecken genutzt haben.
Im Rom der Kaiserzeit trieb nicht nur der Kaiser, sondern auch das Volk mit dem Bernstein einen verschwenderischen Luxus.
Man trank aus Bernsteingefäßen, er zierte alles, was von Wert war, und wohlhabende Frauen färbten ihr Haar bernsteinfarben. Plinius der Ältere tadelt, dass ein kleines Figürchen aus Bernstein teurer als ein Sklave sei. In der römischen Antike wurde zudem der Handel mit samländischem Bernstein erschlossen.
Pomponius Mela nannte 44 n. Chr. im dritten Buch der Chorographia (3,27) die Vistula (Weichsel) als Grenze zwischen Germanien und Sarmatien.
Die Weichsel spielt zunehmend große Rolle
Plinius der Ältere nannte um 77 n. Chr. in seiner Naturgeschichte (4,52; 4,89) ausdrücklich zwei Namen: „Visculus sive Vistla“. Der Vistla-Fluss floss demnach in das Mare Suebicum, das heute als Ostsee bekannt ist.
Plinius bezeichnete gleichfalls die Weichsel als den Grenzfluss zwischen dem germanischen und sarmatischen Einflussgebiet. Die zu seiner Zeit im Weichselgebiet lebenden Ostgermanen bezeichnete Plinius als Vandili (Vandalen) und nannte als Teilstämme Burgodiones (Burgunder), Varinnae, Charini und Gutones (Goten).
Die Goten hatten sich erst im letzten Jahrhundert vor der Zeitenwende an der unteren und mittleren Weichsel angesiedelt, begannen aber schon um 200 n. Chr. wieder abzuwandern und sind ab dem 5. Jahrhundert nicht mehr dort nachzuweisen.
Abgesehen von den Wanderungsbewegungen änderten sich auch die Bezeichnungen: Tacitus bezeichnete in seiner Germania die östlich der Weichselmündung wohnenden Aesti oder Aisti (wohl gleichbedeutend mit der heutigen Bezeichnung Balten) als Germanen, wies aber darauf hin, dass sie eine dem Britischen (Keltisch) ähnelnde Sprache sprechen und unterschied sie von den Suebi.
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