2. Wattwanderung zur Vogelschutzinsel Minsener Oog
- Geschrieben von Portal Editor
Vor einigen Jahren bereits hatten wir den Weg durch das Wattenmeer gesucht, um die Vogelschutzinsel Minsener Oog zu besuchen. Damals mit einigen Freunden aus dem Süden Deutschlands, die erstmalig das Wattengebiet und damit den gesunden Effekt des Schlicks und der frischen Meeresbrise kennen lernen wollten (hier geht es zum damaligen Artikel).
Unser damaliger Führer stand erneut zur Verfügung und klärte uns zunächst darüber auf, dass der amtliche Name Minsener Oog lautet da er sich von dem gegenüberliegenden Festlandsort Minsen ableite. Es gibt eine Sage, wonach der Ort Minsen früher auf der Insel Minsener Oog gelegen haben soll. Die Fischer des Ortes sollen eine Nixe eingefangen haben, die aus Rache das Dorf in den Fluten versinken ließ. In Anlehnung an diese Sage gibt es in Minsen die Bronzeskulptur des Minsener Seewiefken, dass gleichzeitig die Wappenfigur der Gemeinde Wangerland darstellt.
Zur Sage um das Minsener Seewiefken
Die angebliche Stelle des Ortes im Wattenmeer heißt heute Minsener Oog, im Volksmund immer noch Minsener Oldeoog, weil dort vorgeblich das alte Kirchspiel lag. Die Geschichte erzählt, wie Fischer dereinst eine Nixe (fries. Seewiefken) in ihren Netzen fingen. Sie brachten die Nixe an Land und plagten sie sehr, weil das Gerücht umging, dass Seemenschen die Geheimnisse um allerlei Allheilmittel wüssten. Doch das Seeweibchen sagte nur: „Kölln oder Dill, ick segg jo nich, wo’t got faer is, un wenn ji mich ok fillt!“ Irgendwann wusste die Nixe den Händen ihrer Peiniger zu entwischen. Es eilte flugs dem Wasser zu, dort kehrte es noch einmal um und spritzte mit den Händen etwas Meerwasser über den Deich. Anschließend tauchte es unter und verschwand.
Am nächsten Tag, als die Bewohner in der Kirche waren, erhob sich ein schwerer Sturm, die Flut türmte sich auf, durchbrach den Deich und riss das gesamte Dorf mitsamt seinen Gärten und Feldern in die Tiefe hinab. Seither existiere in der Gegend auch die alte Redewendung: „Das geht aus wie das Beten von Minsen“.
Dieser Erzählung ist eine Bronzeskulptur gewidmet, die im Ortsteil Norderaltendeich in Deichnähe aufgestellt ist. Die Bildhauerin und Malerin Karin Mennen aus dem benachbarten Horum schuf 1992 die überlebensgroße Figur einer Nixe. Auch einen Besuch wert.
Ausgangspunkt einmal mehr der Strand von Schillig
Unser Ausgangspunkt ist einmal mehr der Strand von Schillig, von dem aus auch die geführten Touren zur Vogelschutzinsel Minsener Oog starten. Wir möchten in diesem Zusammenhang ausdrücklich noch einmal darauf hinweisen, dass die Tour zum Minsener Oog nicht ganz ungefährlich ist, wenn man Gezeiten und Wegstrecke nicht richtig einzuschätzen weiß. Schon im ersten Artikel hatten wir ausgiebig auf die Gefahren dieser immerhin 7 Kilometer durch das Wattenmeer hingewiesen.
Heute ist man weit weg von den Mythen der Vergangenheit und weiß, dass die Insel Minsener Oog aufbauend auf zwei Sandbänken menschengemacht ist. Sie entstand – zum Schutz der Fahrrinne zu den Häfen Wilhelmshaven und Bremerhaven – Anfang des 20. Jahrhunderts aus den Sandbänken Minsener Oog und der 200 bis 300 Meter südlich davon gelegenen Olde Oog bzw. der Sandbank Steenplate.
Schon ab 1906 errichtete die Marinebaudirektion Wilhelmshaven auf Olde Oog Buhnen und Dämme, um eine Verlandung des Fahrwassers des Jadestroms zu verhindern. Dadurch sollte die Fahrrinne nach Wilhelmshaven von dem in Richtung Osten driftenden Sand, insbesondere für die Flotte der Kaiserlichen Marine, freigehalten werden. Auf der ursprünglichen 7 km² großen Sandbank Olde Oog entstand ein kleiner Dünenbereich, genau wie auf Minsener Oog. Durch den Bau langer Verbindungsbuhnen wurde der Sand zurückgehalten, und es bildete sich eine Vordüne, die bald als Brutplatz von Seevögeln angenommen wurde.
Ursprünglich war geplant, sogar Wangerooge mit der Minsener Olde Oog zu verbinden, damit Wangerooges Landabtragungen ein Ende finden könnten. In den 1930er Jahren wurde dieses Vorhaben zeitweise wieder aufgenommen, die Kriegsereignisse verhinderten dann aber weitere derartige Arbeiten.
Vogelschutzinsel und touristischer Anziehungspunkt
Zur Sicherung des Jadefahrwassers entstand in den 1970er Jahren durch Sandaufspülungen eine neue großflächige Düneninsel. Über 10 Millionen m³ Baggergut wurden in den Jahren 1975 und 1978 aus dem Jadefahrwasser verklappt und damit der Südteil der Insel immer weiter vergrößert.
Sie hat nun eine teilweise bis zu 12 Meter hohe Dünenlandschaft und ist ungefähr 370 Hektar groß.
Durch das Anpflanzen von Strandhafer konnte mittlerweile der Landabgang größtenteils eingedämmt werden. Die Insel ist 4,5 Kilometer lang in Nord-Süd-Richtung und bis zu 1,5 Kilometer breit.
Seit der Automatisierung des Leuchtfeuers wohnt nur noch in den Sommermonaten während der Brutzeit ein vom Mellumrat e. V. eingesetzter Vogelwart auf der Minsener Oog, der die Wohnbaracken des Wasser- und Schifffahrtsamtes mitbenutzt.
Die Insel gilt auch als eines der bedeutendsten Forschungsgebiete für das Institut für Vogelforschung.
Die Brutvögel sind Silbermöwe, Heringsmöwe, Sturmmöwe, Fluss-, Küsten-, Brand- und Zwergseeschwalbe sowie Elster, Rabenkrähe und Rauchschwalbe. Neuere Zählungen von 2021 haben ergeben, dass sich auf dieser künstlichen Insel mit 8000 Paaren der größte Bestand Deutschlands an Brandseeschwalben befindet.
In den Sommermonaten werden Wattwanderungen von Schillig auf dem Festland aus zu der Insel angeboten. Dabei darf aber aus Naturschutzgründen nur ein kleiner Inselteil betreten werden.
Die ganze Insel gehört zur Ruhezone I des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.
Wir hatten nach etwas mehr als einer Stunde den mächtigen Priel vor dem Pricken Weg erreicht und stellten hier die enorme Tiefe fest, die ein durchwandern oder gar durchschwimmen mit Gepäck nicht erlaubte.
Später im Gespräch mit dem Vogelwart teilte uns dieser mit, dass aufgrund der Strömungsverhältnisse besonders der letzten Fluten sich das Watt erneut stark verändert hatte. Wir entschieden aufgrund der Kenntnisse unseres Wattführers, den Weg durch den Pril weiter westlich zu durchqueren, was auch gelang. Selbst der Pricken Weg / kleine Fahrrinne war weniger tief und konnte dann leicht durchquert werden. Aufgrund der Gezeiten kann der Aufenthalt auf Minsener Oog immer nur wenige Minuten sein, denn schnell kommt das Flutwasser zurück und die Priele werden zu tiefen, teilweise mit starker Strömung versehene Wasserläufe. Zwischen dem Tiefstpunkt der Ebbe und dem Beginn des neuen Hochwassers verbleiben lediglich 8 Minuten. Diese gilt es exakt einzuplanen, wenn man den Weg zur Vogelschutzinsel gehen möchte.
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