St. Hilarion - mächtige Burganlage gegen Piraten!

St. Hilarion - Wachturm gegen Piraten!

Neben den Festungen Kantara und Buffavento wurde auch St. Hilarion, heute im Volksmund „Schloss der 1000 Gemächer“ genannt, ursprünglich als Wachturm mit Nebenanlagen errichtet, um frühzeitig vor Piraten gewarnt zu werden, die vom 7ten bis zum 10ten Jahrhundert eine Reihe von schweren Überfällen auf Zypern und die Küste Anatoliens unternommen hatten.

Die Burg St. Hilarion beherrscht die Passstraße von Girne nach Nikosia. Sie ist die besterhaltene Burgruine der drei ehemaligen Festungen im Pentadaktylos. Ein im 9./10. Jahrhundert auf dem Berg errichtetes Kloster war nach dem Eremit St. Hilarion, einem Einsiedler aus dem 6. Jahrhundert, der seine letzten Lebensjahre in einer Höhle im Pentadaktylos verbrachte, benannt. Im 10ten Jahrhundert wurde eine Byzantinische Kapelle und das Kloster der Festungsanlage auf der Turmseite angefügt. Im 12ten Jahrhundert wurden weitere Befestigungen und Mauern ergänzt.

Im Auftrag von Richard Löwenherz

hillarion girne 01Im Auftrag von Richard Löwenherz belagerte Guido von Lusignan 1191 die als uneinnehmbar angesehene Burg, um sie danach auf Anweisung des Statthalters Isaak Komemnos an die Franken zu übergeben. Die Tochter Isaaks wurde daraufhin von Guido von Lusignan auf der Burg gefangen gehalten.

St. Hilarion wurde dreißig Jahre später in die Auseinandersetzungen mit dem deutschen Kaiser Friedrich II. hineingezogen: Johann von Ibelin, der Vormund des minderjährigen fränkisch-zyprischen Königs Henri I., ließ die Burg ausbauen. Da er feindliche Akte durch Kaiser Friedrich II. befürchtete, brachte er 1228 seine Familie in die Burg. Friedrich erreichte, gestützt auf sein Kreuzfahrerheer, die Übergabe der Burg, doch nach Beendigung des Kreuzzuges belagerte Johann von Ibelin die Burg, die nach dem Ausgehen der Nahrungsvorräte kapitulierte.

hillarion girne 02Später übernahmen die Könige der Lusignaner die Festung und nutzten sie als Sommer Residenz. Nach 1232 bauten die Lusignaner die Burg zu ihrer Sommerresidenz aus und sie erhielt den Namen „Dieu d´Amour“ – abgeleitet vom griechischen „Didymoi“ (Zwillinge) – Bezug nehmend auf die beiden Gipfel der Oberburg.

An strategischen Punkten errichtete man neue Türme, die sich durch die Verwendung von größeren Quadern, insbesondere an den Ecken, auszeichnen.

hillarion girne 04Die Burg spielte auch bei der genuesischen Invasion Zyperns 1373 mit der Belagerung von Kyrenia durch die Genuesen eine wichtige Rolle, Peter I. verteidigte die Burg. Nach dem Tod von Peter I. 1369 kam dessen Sohn Peter II. an die Macht, dieser wurde jedoch vom Adel nicht anerkannt. Dessen Onkel Johannes von Antiochia sollte nun König werden. Eleonore von Aragon, die Witwe Peter I. bekämpfte mit ihrem Gefolge Johannes und zwang ihn damit zum Rückzug in die Burg St. Hilarion. Dort stürzte er angeblich aus Angst vor Verrat 300 seiner bulgarischen Leibwachen vom Felsen in den Tod, er selbst wurde 1374 auf Veranlassung Eleonores ermordet.

Als im Jahr 1489 die Venezianer Zypern eroberten, verzichteten sie auf den Schutz der Insel durch die großen Burganlagen, da sie sich mehr auf den Schutz der Städte konzentrierten. So gerieten die Burgen langsam in Vergessenheit. St. Hilarion wurde, wie viele andere Burgen Zyperns Anfang des 16. Jahrhunderts auch, von den Venezianern geschleift.

Walt Disney geschaffene Burg “Snow White”

hillarion girne 05Die Burg St. Hilarion und sowie die von Walt Disney geschaffene Burg “Snow White”, dessen Vorbild St. Hilarion ist, besitzen je drei Schutzwallanlagen mit Türmen zur Verteidigung. Kommt man näher an die Burg St. Hilarion heran, erinnert sie sofort an die Märchenburgen der Welt und man ist sich heute sicher, das der Ursprungsgedanke für Walt Disneys “Snow White” in St. Hilarion zu sehen ist.

Um die Burg zu erreichen, folgt man entweder dem wirklich sehr kurvenreichen und damit langem Verlauf der engen Landstrasse oder man versucht, den Berg zu erklimmen. Bitte denken Sie daran, das die Temperaturen in den Sommermonaten besonders in der Mittagszeit sehr hoch sind und damit ein Erklimmen fast ausgeschlossen ist.

hillarion girne 06Die Burganlage gliedert sich in Ober-, Unter- und Vorburg. St. Hilarion verfügte über insgesamt drei Verteidigungslinien an der Ostseite. Die anderen Seiten der Burg waren durch Steilabfall genug gesichert und mussten nicht extra befestigt werden. Durch den Zwinger betritt man die Vorburg, in der neben Stallungen und einer Kaserne für die Soldaten auch eine große Zisterne war. Durch ein mit einer Zugbrücke gesichertes Tor gelangte man in die Unterburg mit der Klosterkirche. Diese war mit einer großen Kuppel ausgestattet und gehört dem Typus einer so genannten Acht-Stützen-Kirche an. Daneben befand sich eine große Halle, das einstige Refektorium. Östlich liegt das Belvedere, eine Plattform mit einer guten Aussicht auf das Pentadaktylos und die Küstenregion, und die einstigen königlichen Gemächer.

Der untere und der mittlere Hof dienten Wirtschaftszwecken. Die Kernburg beherbergte die Gebäude der königlichen Familie. Die meisten dieser Gebäude sind byzantinischen Ursprungs.

hillarion girne 08Der Prinz-Jean-Turm klebt an einer Felskante hoch über der Unterburg. Aus diesem Turm sollen die Bulgaren in den Abgrund gestoßen worden sein.

Die doppelt befestigte Oberburg kann durch einen gut erhaltenen Torbogen betreten werden. Während im Norden die Wirtschaftsgebäude liegen, schließen im Westen die Königsgemächer an. Die mit reich geschmücktem gotischem Maßwerk verzierten Fenster mit seitlichen Sitzbänken geben Einblick in die einstige Pracht. Einen schönen Ausblick nach Westen hat man vom „Fenster der Königin“.

hillarion girne 09Einmal in der Festung angekommen, können Sie durch die verschiedenen Stockwerke der Festung aufsteigen, finden die verschiedenen Außenhöfe und Stallungen sowie die Unterkunftsbaracken am Fuß der königlichen Gemächer und gelangen dann zur Byzantinischen Kirche und den Bankettträumen. Auf Ihrem Weg hinauf werden Sie weitere Unterkünfte und Banketträume finden, bevor Sie letztendlich an der Doppelspitze des Berges den Turm erreichen, etwa 730 Meter über dem Meeresspiegel. Von hier aus ist der Blick über die Küstenlinie von Girne einfach atemberaubend. Bei guter Sicht kann man die gesamte Kette des Fünf-Finger-Gebirges, des umgebenden Mittelmeeres und sogar die schneebedeckten Bergspitzen des Taurusgebirges in Anatolien etwa 100 Kilometer nördlich sehen.

Hier die Koordinaten: 35° 18′ 43,7″ N, 33° 16′ 51,9″ O

St. Hilarion - Beschreibung durch Herrn Weisenberg

Das heutige Tagesziel sind die Ruinen der Burg St. Hilarion auf ca. 700 Höhe. Sie war eine byzantinische Festung, benannt nach einem Eremiten aus dem 6. Jh. Im 13. Jh. wurde sie von den Lusignans ausgebaut, nachdem sie sie den deutschen Staufer-Kreuzzüglern abgetrutzt wurde. Im 15. Jh. kamen die Venezianer.

hillarion girne 010Man erreicht die Burg von der Passhöhe des Besparmak-Gebirges aus, über die wir gestern auch nach Lefkosa gefahren sind. In Serpentinen muss man in etwa 500 m Höhe durch ein militärisches Sperrgebiet fahren. Zu Fuß darf man dort nicht hinauf gehen. Auf diesem Straßenteil sind Stehenbleiben, sogar das Langsamfahren und erst recht das Fotografieren verboten. Man nimmt das durchaus ernst, denn nähert man sich der Kaserne, die sich schon durch Stacheldraht und Wachtürme und rote Hinweistafeln links und rechts der Straße ankündigt, so sieht man eine riesige bronzene Skulptur eines Soldaten mit Waffe. An der Einfahrt zur Kaserne steht auch genug Militär, das jeden Autofahrer genau fixiert. Ausbildungsplätze sieht man auch. Hier werden das Hindernisüberwinden und der Häuserkampf geübt. Arme Burschen!

Schließlich wird auch das Ende des Sperrgebietes durch eine große weiße Tafel erkenntlich.

hillarion girne 012Am Hang vor uns, etwa 200 m höher, tauchen auch schon lang gezogene Mauerreste und Gebäuderest auf. Es gibt die Legende von einem christlichen Mönch, der der Burg den Namen gegeben haben soll. In der byzantinischen Zeit, also im Mittelalter, wurde aus dem Kloster eine Burg. Der englische Kreuzritter Richard Löwenherz hatte die Burg eingenommen. Ein deutscher Kaiser, der Zypern für sich beanspruchte, musste die Burg aufgeben, als die Franken kamen. Das Geschlecht der Lusignans konnte sich etwa 300 Jahre auf Zypern halten, dann kamen die Venezianer. Diese schleiften die Burg aus Misstrauen, dass sich hier Feinde verschanzen könnten.

Imposant ist die Verteilung der verschiedenen Burgteile im Gelände. Der Eingangsbereich ist ein Bollwerk. Die Stallungen sind am tiefsten angelegt. Um sie herum windet sich der Weg hinauf zur Unterburg. Darüber kommen die schönsten Teile. Ein hoher Trakt, der auf dem Kamm zu liegen scheint, heißt sogar Belvedere, von ihm aus hat man einen schönen Blick auf die unteren Teile der Burg. Eine byzantinische Kirche, eine Halle und eine Küche sind noch gut erhalten. An einer Stelle sieht man sogar noch Fresken. Nicht zu übersehen ist eine Latrine, die über die steile Wand hinausragt. Die königlichen Gemächer, die noch höher liegen, haben keine Dächer mehr. Durch sie führen hohe Treppen, weil auch die Zwischenböden nicht mehr vorhanden sind. Mit etwas Fantasie kann man sich allerdings die fehlenden Gebäudeteile dazu denken. Zum Schutz des Burgherren waren die Kasernen nicht weit. Die Zisterne dürfte nur zum Regenwasser speichern geeignet gewesen sein, denn Quellwasser konnte es in dieser Höhe nicht mehr geben. Noch höher und westwärts erreicht man über Serpentinen, - wir finden den Zugang zu ihnen nicht sofort - , die Oberburg. Sie liegt schon über 700 m hoch auf einem Plateau. Von dort sieht man auch einen vorgelagerten Turm über einem steilen Abhang. Von hier hatte einst ein einfältiger Prinz seine Leibwache in den Tod gestürzt.

hillarion girne 013Die königlichen Gemächer sind in der Oberburg besonders imposant. Einerseits sind sie noch gut erhalten, andererseits wirken sie auch sehr repräsentativ. Nicht nur Fluchtburg, sondern eine noble Sommerresidenz, ein Schloss, scheint hier das Bauziel der Lusignans gewesen zu sein. Das "Fenster der Königin", darunter in meiner Skizze, besticht noch heute mit seinem Maßwerk und seinen einladenden zwei Fensterbänken. Wir verbringen hier eine längere Pause.

Der Rückweg ist auch nicht beschwerlicher als der Anstieg, obwohl an manchen Stellen Vorsicht geboten ist. Es gibt zwar oft ein Handgeländer, doch unvorsichtige oder neugierige Kinder könnten hier durchaus großen Gefahren ausgesetzt sein. Es gibt steile Treppen und schwindelerregende Übergänge.

Die luftige Höhe und das gute Klima hier heroben täuschen einem, denn das oft durch Feinde bedrohte Leben muss mühsam gewesen sein. Eine Burg war kein Wohnort zum Vergnügen, sondern zum Schutz und Überleben. Wie viel Kraft und Ausdauer waren wohl nötig, um hier oben Nahrungsmittel für die Menschen, Futter für die Tiere, Brennholz und Wasser zu beschaffen. Viele Dienstleistungen der Untergebenen müssen hart gewesen sein, beim Bau der Festung und erst recht bei der Verteidigung.

Wir bedanken uns für diesen Reisebericht bei Herrn Weisenberg

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