Podgorica – das kulturelle Zentrum von Montenegro

Podgorica – heute das kulturelle Zentrum von Montenegro

Unsere erste Begegnung (vor etwa 15 Jahren) mit der Hauptstadt von Montenegro war alles andere als erfreulich, denn zunächst hatte uns ein Lieferwagen die Fahrertür unseres Autos beim Einbiegen nach rechts stark eingedrückt und war ohne jede Reaktion weitergefahren.

Dann gab es auf der damals sehr schmalen und teilweise unbefestigten E 762 in Richtung Grenzübergang Hani I Hotit einen LKW-Unfall, der zu einer Sperrung der Straße mit ewig langem Stau führte.

Heute gilt Podgorica als das kulturelle Zentrum von Montenegro, denn sowohl das Montenegrinische Nationaltheater, das Stadttheater, das Kindertheater, das Puppentheater und viele kleinere Theater sind hier beheimatet. Neben diesen weit über die Landesgrenzen bekannten Theatern ist das Stadtmuseum, das Naturhistorische Museum und die Galerien Dvorac Petrovića und Perjanički dom bekannte Ausstellungsorte der wechselhaften Geschichte der Stadt und des Landes, aber dazu später mehr.

Wechselhafte Geschichte Podgoricas in der Architektur

podgorica besuch 02Natürlich kann man aufgrund der wirklich wechselhaften Geschichte der Stadt allein in den beiden letzten Jahrhunderten keine gewachsene, einheitliche Architektur in Podgorica erwarten, eher eine Mischung der verschiedensten Stilrichtungen, jeweils in Abhängigkeit der kulturellen Einflüsse der Herrschenden. Über Jahrhunderte war unter der Regentschaft der Osmanen der türkische Einfluss prägend für die Stadt, wie man an den Moscheen in den Stadtteilen Stara Varoš und Drač eindeutig festmachen kann.

So gilt das Ribnica-Delta in Morača als das historische Zentrum der Stadt. Schon seit Jahrhunderten bereichert das Delta das Stadtleben mit dem Charme seiner wilden Natur und wird durch die Einwohner von Podgorica als Picknickplatz gern aufgesucht- typisch türkisch eigentlich.

podgorica besuch 03Bereits von 1466 an war Podgorica Teil des Osmanischen Reichs. Die Osmanen erbauten hier eine große Festung, um sich gegen Angriffe der freien serbisch-montenegrinischen Stämme aus den Bergen zu schützen. Mit dem Bau der Festung war dann die strategische Bedeutung von Podgorica kontinuierlich angewachsen. Auf dem Berliner Kongress im Jahr 1878 wurde Podgorica dem Fürstentum Montenegro zugesprochen, dessen Hauptstadt zu dieser Zeit Cetinje war. Die Ergebnisse des Kongresses bedeuteten das Ende von vier Jahrhunderten osmanischer Herrschaft. Mit dem Machtverlust und Untergang des Osmanischen Reiches vor und während des Ersten Weltkriegs stand Podgorica von 1916 bis 1918 unter österreichischer Besatzung. Mit dem verlorenen Weltkrieg kam die Stadt 1918 mit dem Königreich Montenegro zum Königreich Jugoslawien.

podgorica besuch 13Im Zweiten Weltkrieg folgten den italienischen Besatzern (1941–1943) die Deutschen (1943–1944). Die Stadt war während des Krieges etwa 70 alliierten Luftangriffen ausgesetzt, die sie fast ganz zerstörten. Im Dezember 1944 erfolgte die Befreiung durch die jugoslawischen Partisanen. 1946 wurde die Stadt zu Ehren des jugoslawischen Ministerpräsidenten Josip Broz Tito in Titograd umbenannt und gleichzeitig zur Hauptstadt der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro erklärt. Seit dem 2. April 1992 heißt die Stadt wieder Podgorica. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum 2006 wurde Podgorica die Hauptstadt des neuen Staates Montenegro.

podgorica besuch 09Der Wiederaufbau nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg orientierte sich stärker an europäischen Einflüssen. In der Zeit des sozialistischen Jugoslawiens wurden überwiegend große Wohnblöcke erbaut. Erst in den späten 1990ern begann eine modernere Architektur in Podgorica Fuß zu fassen.

Verglaste Appartementhäuser und Bürogebäude wurden erbaut. Es begann ein Bauboom, der seit der Unabhängigkeit 2006 noch zugenommen hat.  

Rundgang durch die Stadt Podgorica

podgorica besuch 06jpgWir beginnen unseren Rundgang am Stadtmuseum fast als Reise in die Vergangenheit denn erstmals im Jahr 1326 wurde Podgorica als kleine Siedlung urkundlich erwähnt und stand lange im Schatten von Shkodra, Medun und der Küstenstädte Bar und Budva, später dann auch von Cetinje. Podgorica gehörte Mitte des 14. Jahrhunderts zum serbischen Reich des Zaren Stefan Dušan, danach zu den Fürstentümern der Balšić, Lazarević/Branković und der Crnojević. Kurzzeitig stand die Stadt auch unter venezianischer Herrschaft.

Bedingt durch die bereits erwähnten alliierten Luftangriffe ist aus dieser Zeit kaum ein Gebäude erhalten geblieben. Allein beim Gang durch die engen Gassen der Altstadt fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt, denn die typisch türkische Atmosphäre eines Bazar Viertels ist erhalten geblieben. Wenig später sind wir dann an der Sahat Kula, am Uhrenturm, einem der wenigen osmanischen Bauwerke, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben.

podgorica besuch 07Podgorica ist eine Stadt, in der sich verschiedene Kulturen, Religionen und Nationen vermischt haben, wie die orthodoxen, katholischen, islamischen und jüdischen Tempel zeigen, die man hier fast nebeneinander findet und gern auch vergleichend besuchen kann.

Die Ruinen des antiken Doklee aus dem ersten Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts nach Christus liegen etwa 4 km vom Stadtzentrum von Podgorica entfernt. Wer kulturhistorisches Interesse hat, sollte auch das Marko-Miljanov-Museum und das Dorf Medun besuchen, in dem die Überreste der illyrischen Stadt Meteon zu sehen sind.

podgorica besuch 14Wem es beim Rundgang zu warm wird, kann es auch mit einem Bad im Fluss Morača versuchen. Die Podgoricaner lieben es.

Die so genannten “Niagarafälle”, die 7 km von der Stadt entfernt liegen, sind besonders in den Wintermonaten wunderschön, wenn viel Wasser vorhanden ist.

Heute sind die Wahrzeichen der Stadt die orthodoxe Kirche Hristovog Vaskrsenja (Auferstehungskirche) und die Millennium-Brücke über den Fluss Morača, die am 13. Juli 2005 eröffnet wurde.

Auch die kulinarischen Angebote sollten versucht werden

podgorica besuch 12Warum nicht einmal in einer Pause der Erkundung einen montenegrinischen Wein probieren. Halten sie wirklich, was die Werbung verspricht? Zwischen Podgorica und dem Skadar-See stehen Tausende von Rebstöcken voller Trauben, die im September geerntet werden können.

Mit etwas Glück können Sie bei einem heimischen Winzer bei der der Herstellung seines eigenen Weins und Schnaps dabei sein! Einer der bekanntesten Weinkeller namens Šipčanik liegt 30 Meter unter der Erde, schon allein diese Tatsache ist einen Besuch wert. Hier werden ganzjährlich Führungen und Verkostungen angeboten.

saale unstrut wein 1Fisch wird in vielen unterschiedlichen Variationen angeboten, eine Spezialität in Podgorica ist Karpfen mit Pflaumen. Die Nachtische sind von osmanischen Wurzeln geprägt, wie beispielsweise Baklava, Tulumbe oder der traditionelle Brautabendkuchen. Fleisch spielt eine zentrale Rolle und darf ruhig deftig sein. Besonders beliebt ist gegrilltes Lamm.

Eine beliebte Spezialität ist auch das Njegusi-Schnitzel: Es wird mit Kaymak bestrichen, mit Schafskäse und Schinken belegt; dann wird es samt Füllung eingerollt, mit Olivenöl bestrichen und durch verquirlte Eier gezogen und gebraten.

Einige Stunden Aufenthalt sind also durchaus interessant, auch wenn es nur ein Zwischenstopp ist. Übrigens: Wer einmal ein Teilstück des mittlerweile bekannten Bergwanderpfads "Peaks of the Balkan" erwandern möchte, findet in Podgorica einen hervorragenden Ausgangsort, zumal sich hier der Internationale Flughafen befindet und der Wanderpfad grenzüberschreitend die Länder Albanien, Montenegro und den Kosovo verbindet. Ein Artikel zur Wanderung auf Teilstücken der Route "Peaks of the Balkan" folgt in Kürze, bzw. sind bereits in Teilen von Albanien aus hier beschrieben:

Tour durch das Kelmend in die Cem-Schlucht

Fortsetzung der Fahrt durch das Kelmend ins Vermosh Tal

Tagesausflug ins Kelmend durch das Cem Tal

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