Lesbos - Trip zur griechischen Ägäisinsel bei Ayvalik
Um der Großstadt Izmir mit seiner hektischen Betriebsamkeit wieder einmal kurzzeitig zu entfliehen, planten wir für das Wochenende einen Kurztrip nach Lesbos, der griechischen Ägäisinsel direkt vor der türkischen Küste bei Ayvalik.
So fuhren wir also, die Landstraße D 550 nutzend, von Izmir über Menemen und Bergama bis zum Ferienort Ayvalik, wo wir mit der Fähre nach Mitilini auf Lesbos übersetzen konnten. Eine kurze Überlegung am Hafen, ob denn das Fahrzeugmitgenommen oder ein Leihfahrzeug gemietet werden sollte, führte während der kurzen Preiskalkulation dann doch dazu auf der Insel ein Leihfahrzeug zu mieten.
Pünktlich legte die Autofähre in Ayvalik ab
Lesbos ist aufgrund seiner Fläche von mehr als 1.600 km² die drittgrößte Insel Griechenlands und unter allen Mittelmeerinseln belegt Lesbos hinsichtlich der Fläche mit etwa 90.000 dort lebenden Einwohnern Rang acht. Lesbos oder Lesvos, wie man es auch häufig geschrieben findet, wird im Türkischen mit Midilli Adası, basierend auf dem Namen des Hauptortes Mitilini bezeichnet, der nur etwa 10 Kilometer von der türkischen Küste entfernt und auch Zielort unserer Fährverbindung war.
Pünktlich legte die Autofähre in Ayvalik ab, von wo es zunächst zwischen den beiden Halbinseln Cunda und Kumru vor Ayvalik in Richtung Lesbos ging. Schon von Weitem waren die hohen Berge auf der Insel zu sehen, vor allem bei einem Tag herrlichen Sonnenscheins mit extrem guter Sicht. So konnte bereits die Fährüberfahrt auf der "Sonnenterasse" des kleinen Fährschiffs genossen werden.
Beide Golfe sind nur etwa 20 Meter tief
Wie die Mehrzahl der griechischen Inseln ist auch Lesbos vulkanischen Ursprungs, hier allerdings mit bis zu 1.000 Meter hohen Bergmassiven im Norden und im Süden der Insel, die noch weitestgehend mit mediterranen Kiefern aber auch mit Eichen und Walnussbäumen bewaldet sind. Etwa 20 % der Insel ist von diesen Waldflächen bedeckt, weitere 50% werden landwirtschaftlich von Oliven und Obstbaumhainen bedeckt und entsprechend genutzt. Man kann also durchaus von einer grünen Insel sprechen. Im Norden ist das Massiv des Lepetymnos mit 968 Metern über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung, im Süden ist es der fast gleich hohe Olymbos, der auch stattliche 967 Meter erreicht. Weitere hohe Bergmassive sind der Profitis Ilias mit 799 Meter und der Kourteri mit 527 Metern auf der Amali-Halbinsel. Zwischen den Bergen gibt es große Ebenen, die von ganzjährig Wasser führenden Flüssen durchzogen werden. Zwei riesige, von Süden vordringende Meeresbuchten, die fast wie große Binnenseen wirken, unterteilen die Insel. Der im Südosten liegende 6,5 Kilometer lange Golf von Gera wird über einen natürlichen Kanal von etwa 200 - 800 Metern Breite mit dem Meer verbunden, der Golf von Kalloni ist fast 21 Kilometer lang bei einer Fläche von 110 km². Beide Golfe sind nur etwa 20 Meter tief. Einige kleine, allerdings unbewohnte Inseln umlagern Lesbos.
Einmal am Hafen von Mitilini angekommen, waren die wenigen Autos und Passagiere schnell entladen und wir konnten uns, nach der unproblematischen Ausleihe eines Fahrzeugs direkt am Hafen, zwecks erster Erkundung der Insel auf den Weg machen. Freundlich und entgegenkommend wurden wir überall auf der Insel begrüßt, trotz teilweise hektischen Treibens am Hafen. Zunächst fuhren wir aus dem Ort hinaus in Richtung Panagiouda, wo wir uns in der Ortschaft Moria das aus römischer Zeit stammende Aquädukt ansehen wollten.
Römisches Aquädukt in Moria
Das römische Aquädukt befindet sich etwa 600 m außerhalb des Ortes Moria und wurde im 2. oder 3. Jahrhundert während der Römischen Epoche der Insel Lesbos erbaut, genauere Informationen liegen unserer Recherche nach nicht vor. Die große Brückenkonstruktion über das Tal diente dazu, Wasser von den Quellen im Agiasosgebiet bis in die Stadt von Mytilene zu befördern. Ein großer Teil des Aquädukts mit seinen großen Bogensegmenten ist sehr gut erhalten. Der graue Marmor, der für die Verkleidung der Konstruktion verwendet wurde, entstammte einem nahen Steinbruch. Auf der Bogenkonstruktion befand sich das aus Naturstein gefertigte Röhrensystem, das für den Wassertransport von der Quelle vom Megali Limni auf dem Berg Olympus in dem 26 km langen Leitungssystem zuständig war. Weitere Teile des Aquädukts wurden in Schluchten von Lesbos gefunden. Hier bei Moria befindet sich der längste Teil des Aquädukts von 170 Meter Länge. Ein absolut sehenswertes Relikt aus derAntike.
Schafskäse nebst frischen Salaten
Wir fahren weiter in Richtung Mantamados, wo es ein altes Kloster geben soll. Leider gab es hier einige Diskussionen mit einer älteren Dame, die das Fotografieren untersagte. Echte Gründe dafür gab sie allerdings nicht an.
Nach Erreichen des Ortes Skala Sikamineas machten wir uns zunächst auf einen kurzen Spaziergang in den Ort, der uns aufgrund des einsetzenden Hungergefühls schon bald in ein kleines Restaurant trieb, das mit gebackenem Schafskäse nebst frischen Salaten lockte. Umgehend waren wir auch in Gespräche eingebunden und erhielten so neben weiteren Infos zur Insel auch einen ersten Einblick in die Historie der Insel Lesbos, die schon in der Jungsteinzeit bewohnt war. Erste menschliche Spuren in Form von Steinartefakten, die man bei Lisvori gefunden hatte, lassen auf menschliche Siedler während des Mittelpaläolithikums schließen.
Die Flotte des Spartaners Kallikratidas
Aus dem 13. Jahrhundert vor Christus entstammen zwei hethitische Texte, die Lesbos mit dem Namen Lazba betiteln und aus der Zeit des Großkönigs Muršili II stammen. Zu dieser Zeit war Lesbos Teil des Großreichs und gehörte zum Vasallenstaat Šeḫa. Eine der Inschriften stammt von der Überführung eines Götterbildes nach Hattuša unter König Muršili II, die zweite Inschrift berichtet von einem Angriff auf die Insel durch Pijamaradu, einem Fürsten aus dem Arzawa-Gebiet.
In der Antike erhielt Lesbos aufgrund des Hafens von Mytilene (Mitilini) einen enormen Aufschwung, da hier ein bedeutender Handelsplatz entstand. Diese Erfolge als Handels- und Marinestützpunkt führte dann im Jahr 406 vor Christus zur Belagerung der Stadt Mytilene durch die Flotte des Spartaners Kallikratidas, der seine Chance zur Machterweiterung in der Belagerung sah, da ein Großteil der athenischen Flotte im Hafen vor Anker lag. Ein zu Hilfe geschickter Flottenverband aus Athen konnte den Belagerungsring knacken und während der Schlacht bei den Arginusen konnte die Flotte der Spartaner besiegt werden.
Im Westen der Insel befindliche Lavadome
Im Jahr 1462 wurde Lesbos von den Osmanen unter Mehmed II erobert und blieb bis zur Rückeroberung durch Pavlos Kountouriotis und seinen Truppen im Jahr 1912 zum Osmanischen Reich zugehörig. Die Verträge von Sèvres und Lausanne regelten dann die endgültige Zugehörigkeit zu Griechenland, die allerdings durch die Besetzung durch deutsche Truppen während des zweiten Weltkriegs unterbrochen wurde.
Unser freundlicher Gastwirt wies uns auf die sich im Westen der Insel befindlichen Lavadome hin, wo es bei Skoutari, Vatousa, Agra und Anemotia mehr als 30 ehemalige Lavadome und einige vulkanische Kalderen zu besichtigen gibt. Bei der Ortschaft Polichnitos gibt es bis heute noch deutliche Anzeichen des einst sehr aktiven Vulkanismus auf der Insel, denn hier trifft man auf die heißesten Quellen Griechenlands, die immerhin Wassertemperaturen zwischen 70 - 85 ° Celsius zu Tage fördern. Natürlich bedanken wir uns ausgiebig für die umfassenden Informationen, die wir sicherlich nur zum Teil selbst erkunden können. Zwei Tage reichen bei Weitem nicht zu kompletten Erkundung der Insel Lesbos, selbst als man uns erzählt, das es zwischen Antissa und Sigri am entgegen gesetzten Ende der Insel einen versteinerten Wald aus der Zeit vor 23 Millionen Jahren gibt. Dafür wird die Zeit nicht reichen.
Zurück nach Mitilini zum Hotel
Wir verlassen den Ort in Richtung Mithhymna, dessen antiker Name Molyvos war. Ein wunderschöner Ort mit idyllischem Hafen in herrlicher Umgebung, in dem es sogar eine alte Festungsruine gibt. Ein ruhiger und stiller Ort, ideal zum Entspannen und Erholen. Leider haben wir nur noch Zeit für ein Eis am Hafen, denn die Zeit ist fortgeschritten und wir müssen zurück nach Mitilini zum Hotel.
Aus der griechischen Mythologie ist auch der Name des Inselpatrons mit Lezbos bekannt. Sein Sohn Lapithes soll einst die Methymna geheiratet haben. Ob sich allerdings auch der Begriff "lesbisch" vom Namen der Insel herleiten lässt, ist nach wie vor umstritten. Da aber die von der Insel Lesbos stammende antike Dichterin Sappho in ihren Gedichten von der Liebe zu den Frauen sang, ist zumindest eine Verbindung denkbar. Fakt ist allerdings, das in Kreisen gleichgeschlechtlich weiblich Liebender, die Insel Lesbos immer noch über eine besondere Anziehungskraft verfügt. Sehr zum Unwohl der Behörden, die einen Bezug der Insel zur gleichgeschlechtlichen Liebe absolut unterbinden möchten und sogar Urlaubern aus diesen Gründen die Einreise verweigerten, ja selbst Passagierdampfern mit entsprechenden Gästen wurde in der Vergangenheit das Anlegen untersagt. Heute ist der wohl bekannteste Ort für Treffen der Lesbenbewegung eindeutig die Stadt Eresos, die auch Geburtsstadt von Sappho sein soll.
Rechtzeitig zurück an der Fähre in Richtung Ayvalik
Nach dem Frühstück am kommenden Morgen machen wir uns an die Erkundung des Ortes Mitilini und hier ist es auch wieder die Festungsruine, die uns besonders fasziniert hat. Noch ist Zeit für eine kleine Rundfahrt, die uns die 6 Kilometer bis zum Golf von Kolpos Geras führt. Und tatsächlich liegt diese wie ein See anmutende Bucht nur wenige Kilometer von Mitilini entfernt. Auf teilweise recht kurvenreicher Route fahren wir entlang der Bucht bis wir auf die engsten Stellen der Verbindung zum Meer treffen. Fast könnte man denken, Sie seien ohne Probleme zu überwinden, so nah erscheint das andere Ufer. Die Rückfahrt nach Mitilini ist dann am frühen Nachmittag schnell vollbracht und so sind wir rechtzeitig zurück an der Fähre in Richtung Ayvalik. Natürlich war es mal wieder viel zu kurz, aber zum Kennen lernen hat es allemal gereicht. Ein lohnendes Ziel, auch wenn es diesmal nur ein Kurzausflug war.
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