Orientalische Bade- und Spakultur im Hamam
Neben den Römern entwickelten auch die Seldschuken und etwas später die Osmanen mit Beginn ihrer Sesshaftigkeit während ihres Einzugs nach Anatolien eine ausgeprägte Bade- und Spakultur.
Während bei den Römern allerdings die Suche nach Vergnügen während des Badespasses neben der eigentlichen Körperreinigung in den Vordergrund rückte, waren es bei den Osmanen mehr religiöse Aspekte. Vor allem im arabischen Raum und in der heutigen Türkei ist das Hamam auch ein wichtiger Bestandteil der islamischen Bade- und Körperkultur, denn wie vor dem Gebet so soll auch nach dem Sex eine gründliche Waschung nach dem islamischen Reinlichkeitsgebot durchgeführt werden. Gleichwohl auch die Osmanen durchaus das gesellige Beisammensein imHamam zu schätzen wussten und somit das Bad auch zu einem Treffpunkt für tagesaktuelle Gespräche nutzten, was sowohl für Männer als auch für Frauen galt.
Körperliches Wohlbefinden und Sauberkeit
Ihren Ursprung hatte die orientalische Badekultur vor Jahrhunderten im Großraum Istanbul und in Mittelanatolien, wo sich auch die ältesten Hamam der Türkei befinden. Für Antalya datiert das Sefa Hamam wohl als das ältesteHamam der Stadt aus dem 13. Jahrhundert. Das aus dem Arabischen stammende Wort Hamam bedeutet soviel wie „Wärmen, Baden“, steht also umgangssprachlich für Begriffe wie Entspannung, körperliches Wohlbefinden und Sauberkeit.
Meist schon von außen an der Gebäudeform zu erkennen, besteht das Hamam aus mehreren Räumen, dessen Zentrale meist aus einem großen, aus einem Kuppelgewölbe als übermauertem Dach besteht, in dessen Mitte sich der Nabelstein als Liegefläche (Göbektasi) befindet. Diese Liegefläche wird von unten beheizt, besteht fast immer aus Marmor und dient der körperlichen Entspannung vor dem eigentlichen Reinigungsprozedere. Rings um sind in der Regel Marmorbänke aufgebaut, auf denen sich Waschbecken mit warmem und kaltem Wasser befinden. Während des Ruhens auf dem Göbektasi kann man sich gegenseitig mit kaltem oder warmem Wasser übergießen, was ebenfalls der Entspannung dienen soll. Aber gehen wir die Räume besser der Reihe nach durch, denn oberstes Gebot in jedem Hamam ist Ruhe, Gelassenheit und genügend Zeit für alle Vorgänge, wenn es zur wirklichen Entspannung führen soll.
Moderate Temperatur zwischen 40 - 50° Celsius
Nach dem Betreten eines Hamam gelangt man meist in eine Art Warteraum, der mit einer Sitzgruppe oder Sitzkissen ausgelegt ist. Hier erfolgt in der Regel die Begrüßung durch den Bademeister, der mit Tellak bezeichnet wird. Häufig gibt es auch einen ersten Tee, so das mit dem Schließen der Tür auch symbolisch alle Sorgen und Nöte draußen vor dem Hamam verbleiben. Einem kurzen Einführungsbericht des Bademeisters folgt meist die Einweisung in die Umkleiden, die, wie alle weiteren Räume in der Regel streng nach Männern und Frauen getrennt sind. Hier verbleiben die Bekleidung, Schuhe und Taschen, so das man nur mit dem Badetuch, dem Pestemal und den Badeschuhen versehen zu den Duschen und danach zum großen Ruheraum mit dem Nabelstein geleitet wird. Hier erfolgt die Zeitdauer des Aufenthalts nach eigenem Ermessen mit Ruhen auf den Marmorbänken oder dem Göbektasi. Entspannung ist das Ziel, wozu die gemäßigte Temperatur zwischen 40 – 50° Celsius beiträgt.
Nach dieser Ruhephase erfolgt dann die eigentliche Waschung und Reinigung durch den Bademeister, die als eine Art Körper Peeling mit Hilfe eines speziellen Handschuhs, dem sogenannten Kees, meist aus Wildseite oder Ziegenhaar gefertigt, durchgeführt wird. Meist nutzt der Bademeister eine Oliven Seife, die kräftig aufgeschäumt überall aus dem Handschuh quillt und zum Abtrag der obersten Hautschichten beiträgt. Der Körper wird dabei richtiggehend abgeschruppt, gereinigt, gedehnt und geknetet. Schon kurz nach Beginn der Waschung verspürt man die Verbesserung der Durchblutung, da Schlacken und Giftstoffe gründlich beseitigt werden. Herz und Kreislauf werden deutlich angeregt, womit die natürlichen Abwehrkräfte aktiviert werden. Auf Wunsch des Besuchers wird sogar eine Körpermassage mit angeboten. Nach dieser Behandlung fühlt sich die Haut rein und weich an, die Muskeln sind locker und entspannt. Die restlich verbliebenen Schäume werden per Wasserstrahl entfernt, die Haare werden gewaschen.
Cemberlitas Hamam und Cagaloglu Hamam
Jetzt geht es in den Ruheraum, wo man entweder einfach nur entspannt oder sich die eine oder andere türkische Köstlichkeit gönnt. Für einen Tee oder Ayran wird immer gesorgt sein.
Neben der reinen Förderung des Wohlbefindens sorgt die Verbindung von Wärme, Seife und Massage für eine Linderung der Muskelverspannungen und für eine Förderung der Durchblutung der Haut, so das man gar von medizinischer Wirkung sprechen kann.
In fast jeder türkischen Stadt gibt es kleinere oder größere Hamam, teils in historisch sehr ansprechenden Gebäuden, die mit interessanten Kachelmotiven bestückt sind. Auch die Marmorarbeiten sind häufig echte Kunstwerke. In Istanbul gibt es mehr als 100 Hamam, die auch alle mehr oder weniger stark frequentiert werden. Eines der bekanntesten Hamam in Istanbul ist das Cemberlitas Hamam und das Cagaloglu Hamam, das 1741 erbaut in der Nähe der Hagia Sophia liegt. Ganz aus rötlichem Marmor besteht das Bad Tarihi Galatasaray aus dem Jahr 1481.
Aufgrund der Beliebtheit der türkischen Hamam findet man diese Badehäuser auch in den großen Hotels und mittlerweile auch in vielen europäischen Städten wieder. Die entspannende Badekultur breitet sich aus und gewinnt viele neue Anhänger. Auch Sie?
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